Brücke gerettet? Ganz im Vertrauen: Nein! (Kommentar)

Es steht also ganz gut um die Hart­manns­hai­ner Brü­cke. Der Ab­riss scheint vom Tisch zu sein (sie­he Be­richt). Al­ler­dings bleibt für den kri­ti­schen Be­ob­ach­ter ne­ben ei­ni­ger Er­leich­te­rung auch ein bit­te­rer Bei­geschmack, denn: Die Sa­che kann im­mer noch kip­pen. Ins­be­son­de­re ist es für ei­ni­ge Ge­mein­de­ver­tre­ter­In­nen tat­säch­lich eine Op­ti­on, die Brü­cke letzt­lich doch ab­zu­reis­sen. Und es blie­ben in der Sit­zung auch man­che Din­ge un­er­wähnt, die hät­ten the­ma­ti­siert wer­den sollen.

Achtung: Die nächste Wahl steht an!

Es muss aus­drück­lich be­grüsst wer­den, dass der Gre­ben­hai­ner Bür­ger­meis­ter Stang of­fen­bar von sei­nem manch­mal ve­he­ment vor­ge­tra­ge­nen Plan ab­ge­rückt ist, die Brü­cke ab­zu­reis­sen. Wenn er sich heut­zu­ta­ge al­ler­dings so an­hört, als wenn er der Hart­manns­hai­ner Brü­cke nie ans Fun­da­ment woll­te, dann ist das nicht be­son­ders glaub­haft — schliess­lich ist es mitt­ler­wei­le all­ge­mein be­kannt, dass er die Ab­riss­ge­neh­mi­gung im Al­lein­gang er­wirkt hat.

Dass die Un­te­re Denk­mal­be­hör­de die­se Ge­neh­mi­gung nicht er­teilt hät­te, wenn Bür­ger­meis­ter Stang ihr alle Fak­ten wahr­heits­ge­mäss auf den Tisch ge­legt hät­te, ist eben­falls seit lan­gem All­ge­mein­wis­sen in der Gemeinde.

Aber se­hen wir es ihm ein­mal nach. Schliess­lich ist die nächs­te Bür­ger­meis­ter­wahl nicht mehr weit und da will man es sich na­tür­lich nicht mit all­zu vie­len ver­der­ben. Es ge­hört si­cher zum weit ver­brei­te­ten po­li­ti­schen Spiel, wenn man Po­si­tio­nen nicht un­be­dingt zum ei­ge­nen Nach­teil be­zieht — und da­bei die Po­si­ti­on ge­ge­be­nen­falls ein­fach wechselt.

Glau­ben wir dem Bür­ger­meis­ter also ein­fach mal, dass er ge­lernt hat und die Brü­cke nun doch er­hal­ten will. Noch über­zeu­gen­der wäre der Sin­nes­wan­del des Bür­ger­meis­ters al­ler­dings, wenn er dem För­der­ver­ein bei­trä­te. Das wäre ein deut­li­ches Zei­chen sei­nes Um­den­kens. Das Bei­tritts­for­mu­lar fin­den Sie gleich hier rechts, Herr Bürgermeister.

Der gefasste Beschluss — ein Risiko?

Al­les gut also? Die Brü­cke ist ge­ret­tet? Nun, nicht ganz. Der Än­de­rungs­an­trag der SPD-Frak­ti­on in der Ge­mein­de­ver­tre­ter­sit­zung vom 13. No­vem­ber 2018, der im­mer­hin auch noch 16 Ja-Stim­men er­hielt, könn­te sich als eine un­nö­ti­ge Hy­po­thek er­wei­sen. Das ha­ben of­fen­bar auch die fünf Ge­mein­de­ver­tre­ter er­kannt, die ge­gen den Än­de­rungs­an­trag stimmten.

Kon­kret for­dert die­ser An­trag, dass der Sa­nie­rungs­be­schluss nur un­ter fol­gen­den drei Be­din­gun­gen wirk­sam sein soll:

  1. Die zu­ge­sag­ten För­der­gel­der müs­sen ver­bind­lich fliessen.
  2. Der För­der­ver­ein soll ver­bind­lich für klei­ne­re In­stand­set­zungs­ar­bei­ten zu­stän­dig sein.
  3. Die Ab­riss­ge­neh­mi­gung für die Brü­cke soll um ein hal­bes Jahr ver­län­gert werden.

So, wie der Ge­mein­de­rats­be­schluss an­ge­legt ist, kann also je­der ein­zel­ne der drei Punk­te dazu füh­ren, dass der Be­schluss hin­sicht­lich der In­stand­set­zung der Brü­cke hin­fäl­lig wer­den könn­te. War das eine be­wuss­te, ja, eine wei­se Entscheidung?

Was bedeuten diese drei Vorbehalte?

Wie muss man sich die Vor­be­hal­te der Mehr­heit der Ge­mein­de­ver­tre­ter­In­nen vor­stel­len? Wür­de man das Kul­tur­denk­mal also tat­säch­lich ab­reis­sen wol­len, wenn auch nur ei­ner der Punk­te nicht er­füllt wür­de? Schau­en wir mal im Einzelnen:

  1. För­der­gel­der müs­sen fliessen
    Wenn es kei­ne ver­bind­li­chen För­der­zu­sa­gen gibt — war­um wur­den sie nicht eingeholt?
    Wenn die Ge­mein­de­ver­tre­ter­In­nen am Geld­fluss der zu­ge­sag­ten För­der­mit­tel zwei­feln, muss die Fra­ge be­ant­wor­tet wer­den: Gibt es denn hin­sicht­lich der För­der­gel­der bis­her kei­ne be­last­ba­ren Zu­sa­gen? Sind die in Aus­sicht ge­stell­ten För­der­gel­der nicht zu­min­dest so­weit schrift­lich fi­xiert, dass die Ge­mein­de­ver­tre­ter­In­nen sich ver­trau­ens­voll dar­auf ver­las­sen konn­ten? In der Sit­zung vom 13. No­vem­ber hat über­ra­schen­der­wei­se nie­mand da­nach gefragt.

Aber selbst wenn der Ge­mein­de­ver­tre­tung schrift­li­che Zu­sa­gen vor­ge­le­gen hät­ten: Was wäre, wenn eine der Or­ga­ni­sa­tio­nen — aus wel­chen Grün­den auch im­mer — sei­ne Zu­sa­ge nicht er­fül­len könn­te? Oder sich der Aus­fall ei­ner zu­ge­sag­ten Zah­lung erst nach Be­ginn der In­stand­set­zungs­ar­bei­ten her­aus­stel­len soll­te? Es eine Ver­zö­ge­rung bei ei­ner Zah­lung ge­ben soll­te? Wür­de man dann die Ar­bei­ten an der Brü­cke ein­stel­len und sie ge­ge­be­nen­falls abreissen?

Auf die Idee, die Be­tei­lig­ten ein­zu­la­den, ist man nicht ge­kom­men? So hät­te man Ver­trau­en auf­bau­en können.

Na­tür­lich kön­nen Din­ge im­mer an­ders lau­fen, als man sie plant. Die Fra­ge der tat­säch­li­chen Zah­lun­gen durch die un­ter­stüt­zen­den Or­ga­ni­sa­tio­nen hät­te man aber wahr­lich an­ders an­ge­hen kön­nen — prak­ti­scher und rea­li­täts­nä­her. So wäre es eine ver­trau­ens­bil­den­de Mass­nah­me ge­we­sen, die Be­tei­lig­ten ein­zu­la­den, die zum Er­halt ei­nes Gre­ben­hai­ner Kul­tur­denk­mals zum Teil sechs­stel­li­ge Be­trä­ge bei­steu­ern wollen.

Glaubt man in Gre­ben­hain tat­säch­lich, dass die Ver­tre­ter der för­dern­den Or­ga­ni­sa­tio­nen fahr­läs­si­ge Zu­sa­gen ge­macht ha­ben? In die­ser ent­schei­den­den Sit­zung hät­te man ge­mein­sam Ver­trau­en auf­bau­en und die vor­han­de­nen Be­den­ken viel­leicht di­rekt mit den Be­tei­lig­ten aus­räu­men kön­nen. Das ist un­ver­ständ­li­cher­wei­se nicht geschehen.

  1. Pa­ten­schaft des Fördervereins
    Es ist pi­kant, wenn man den­je­ni­gen, die sich als ers­te ge­gen Ab­riss der Brü­cke stell­ten, die ei­ni­ge Si­che­rungs­mass­nah­men auch ge­gen den Wil­len des Bür­ger­meis­ters durch­führ­ten, jetzt auch „of­fi­zi­ell“ Ver­ant­wor­tung auf­le­gen möch­te. Mit der For­de­rung, dass der För­der­ver­ein für die Brü­cke „ver­bind­lich“ zu klei­ne­ren In­stand­set­zungs­ar­bei­ten her­an­ge­zo­gen wer­den soll, wird al­ler­dings eben­falls kein ver­trau­ens­bil­den­des Zei­chen gesetzt.
Erst un­ge­lieb­te Ak­ti­vis­tIn­nen, nun of­fi­zi­ell verpflichtet?

Der För­der­ver­ein hat bis­her über 160 eh­ren­amt­li­che Ar­beits­stun­den für die Brü­cke er­bracht. Er hat in Ei­gen­re­gie di­ver­se Mass­nah­men durch­ge­führt, da­mit die Brü­cke nicht wei­te­ren Scha­den nimmt. Da­mit hat der För­der­ver­ein Ar­bei­ten über­nom­men, die die Ge­mein­de un­ter­las­sen hat. Da­bei war und ist sie, die Ge­mein­de, für den Er­halt der Brü­cke zuständig.

Wenn man nun meint, dass man eine ver­bind­li­che Ver­ein­ba­rung bräuch­te, da­mit die Ge­mein­de durch den Ver­ein ent­las­tet wür­de, dann wer­den zwei­er­lei Din­ge verkannt:

Zum Ei­nen hat der Ver­ein be­wie­sen, dass er sich un­ei­gen­nüt­zig für die Brü­cke ein­setzt. Ge­nau dies ist der Ver­eins­zweck! Muss der Ver­ein das nun noch­mal ge­gen­über der Ge­mein­de schrift­lich er­klä­ren? Das wäre ziem­lich über­flüs­sig, mei­nen Sie nicht auch?

Ins­be­son­de­re wäre es über­flüs­sig, weil sich ein Ver­ein auf­lö­sen kann — ein­fach so! Eine mög­li­che Ver­ein­ba­rung lie­fe dann ins Lee­re. Sie wäre wertlos.

Wäre es nicht bes­ser ge­we­sen, die Ar­beit des Ver­eins zu wür­di­gen, sei­ne Be­mü­hun­gen für den Er­halt der Brü­cke als Zei­chen her­vor­ra­gen­den bür­ger­schaft­li­chen En­ga­ge­ments zu lo­ben — und bei­spiels­wei­se die durch den Ver­ein zu­ge­sag­te Be­tei­li­gung an der In­stand­set­zung in Höhe von 11.000 Euro als Be­weis zu­se­hen, wie se­ri­ös und ernst ihr An­lie­gen den Ver­eins­mit­glie­dern ist?

Auch hier man­gelt es vor al­lem an — Vertrauen.

  1. Ab­riss­ge­neh­mi­gung verlängern?
    Nach ei­ge­ner Aus­kunft hät­te das Denk­mal­amt bei Kennt­nis des wah­ren Sach­ver­halts die Ab­riss­ge­neh­mi­gung für die Hart­manns­hai­ner Brü­cke nie­mals er­teilt. Man könn­te es auch so aus­drü­cken, dass die zu­stän­di­ge Be­hör­de mit fal­schen An­ga­ben über den Tisch ge­zo­gen wurde.

Nun for­dern die Ge­mein­de­ver­tre­ter­In­nen, dass die­se un­se­li­ge und er­schli­che­ne Ab­riss­ge­neh­mi­gung ver­län­gert wer­den soll. Es wäre we­nig über­ra­schend, wenn die Un­te­re Denk­mal­be­hör­de kei­ne gros­se Mo­ti­va­ti­on ver­spür­te, dem Wunsch aus Gre­ben­hain Fol­ge zu leisten.

Die Kon­se­quenz wäre klar: Der Be­schluss vom 13. No­vem­ber wäre dann in sei­nem Kern hinfällig.

War es also ein klu­ger Schach­zug der Ge­mein­de, die­se Be­din­gung auf­zu­stel­len? Nun, wenn die Denk­mal­be­hör­de hier mit­spielt und die Ab­riss­ge­neh­mi­gung für ein wei­te­res hal­bes Jahr er­teilt, dann kann al­les sei­nen Weg ge­hen. Aber wer glaubt ernst­haft dar­an, dass das si­cher zu­tiefst be­schä­dig­te Ver­trau­en ge­gen­über den Ver­tre­tern der Ge­mein­de so weit wie­der­her­ge­stellt ist, dass die Be­hör­de die Ge­neh­mi­gung verlängert?

Die auf fal­schen An­ga­ben ba­sie­ren­de Ab­riss­ge­neh­mi­gung soll nun ver­län­gert werden?

Es fällt si­cher nicht schwer, sich vor­zu­stel­len, dass das Denk­mal­amt über das An­sin­nen ei­ni­ger­mas­sen er­staunt sein wird. Soll es den Be­schluss, den es ei­gent­lich nie er­las­sen hät­te, nun auch noch ver­län­gern — nur weil sich ei­ni­ge Ge­mein­de­ver­tre­ter­In­nen eine Hin­ter­tür of­fen hal­ten wollen?

Es wäre tat­säch­lich ein Un­ding, wenn die Denk­mal­be­hör­de jetzt — in ei­ner Si­tua­ti­on, in der die Hart­manns­hai­ner Brü­cke ei­gent­lich ge­ret­tet ist — die Grund­la­ge da­für schaf­fen wür­de, dass das Bau­werk am Ende doch noch ab­ge­ris­sen wird.

Ver­ges­sen wir nicht: Die er­teil­te Ab­riss­ge­neh­mi­gung läuft im De­zem­ber 2018 aus. Da­nach ist ein Ab­riss der Brü­cke so­wie­so erst ein­mal nicht denk­bar. Aus wel­chem Grund soll­te die­se Sach­la­ge nun so ver­än­dert wer­den, dass der Ab­riss die­ses be­mer­kens­wer­ten Kul­tur­denk­mals doch eine Op­ti­on bleibt?

Fazit: ein Vertrauensproblem

Die Si­tua­ti­on kann sich durch die Vor­be­hal­te der Ge­mein­de­ver­tre­tung also durch­aus noch zum Schlech­ten wen­den. Das hät­te sich ver­mut­lich ziem­lich ein­fach ver­mei­den las­sen, in­dem man zur ent­schei­den­den Sit­zung die Ver­tre­ter der för­der­be­rei­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen und der Un­te­ren Denk­mal­be­hör­de ein­ge­la­den hät­te. Das hät­te ver­trau­ens­bil­dend wir­ken kön­nen und ein et­was wei­ser for­mu­lier­ter Be­schluss hät­te be­stimmt ein ge­mein­sa­mes Vor­ge­hen der Be­tei­lig­ten er­mög­licht. Statt des­sen nahm man es in Kauf, die hilfs­be­rei­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen vor den Kopf zu stossen.

Nun aber müs­sen die­je­ni­gen, die sich für den Er­halt der Brü­cke ein­set­zen und die teils gros­se Be­trä­ge zu de­ren Ret­tung bei­steu­ern wol­len, den nächs­ten Schritt ma­chen — ob sie wol­len oder nicht. Die Ver­ant­wor­tung wur­de an die wei­ter­ge­ge­ben, die hel­fen wol­len. Das könn­te durch­aus als Miss­trau­en ver­stan­den werden.

Dass die Si­tua­ti­on durch ei­nen Bür­ger­meis­ter ein­ge­brockt wur­de, der durch ei­nen heim­li­chen Al­lein­gang eine Ab­riss­ge­neh­mi­gung er­wirk­te, ohne die Be­trof­fe­nen in sei­ner Ge­mein­de zu in­for­mie­ren, das wur­de auf der Ge­mein­de­ver­tre­ter­sit­zung nicht the­ma­ti­siert. Wenn die Mehr­heit in der Ge­mein­de­ver­tre­tung schon so of­fen Miss­trau­en ge­gen­über den För­de­rern und Be­für­wor­tern der Brü­cke vor sich her trägt — hier, ge­gen­über dem Vor­ge­hen des Bür­ger­meis­ters, wäre Miss­trau­en an­ge­sagt ge­we­sen. Das woll­te aber of­fen­bar nie­mand formulieren.

Es spricht viel da­für, dass der als kurz­sich­tig zu be­zeich­nen­de Be­schluss der Ge­mein­de­ver­tre­tung vom 13. No­vem­ber 2018 in sei­nem Kern hin­fäl­lig wer­den wird. Man wird sich er­neut zu die­sem The­ma tref­fen und er­neut be­schlies­sen müssen.

All das be­ruht auf hand­werk­lich man­gel­haf­ter Ar­beit der Ver­ant­wort­li­chen der Ge­mein­de, die den Vor­gang we­der aus­rei­chend vor­be­rei­tet, noch die mög­li­chen Fol­gen des ge­fass­ten Be­schlus­ses be­dacht ha­ben. Es ist die kon­se­quen­te Fort­füh­rung des Kud­del­mud­dels, das der Bür­ger­meis­ter vor zwei Jah­ren aus­ge­löst hat.

Durch das Wei­ter­rei­chen des schwar­zen Pe­ters an die Un­te­re Denk­mal­be­hör­de wird wei­te­res Ver­trau­en auf der Stre­cke blei­ben. Es bleibt zu hof­fen, dass die Be­tei­lig­ten die­se Kuh durch ge­mein­sa­mes, wei­ses und ver­trau­ens­vol­les Vor­ge­hen von der Brü­cke bringen.

-Frank Jer­mann, Redaktion


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