
HARTMANNSHAIN (eig). — Seit eineinhalb Jahren schwebt das Damoklesschwert des Abrisses über der 115 Jahre alten Basaltbogenbrücke über die einstige Trasse der Vogelsbergbahn und den Vulkanradweg. Damit das denkmalgeschützte Baudenkmal am Ende nicht doch der Abrissbirne zum Opfer fällt, hat sich am 3. März des vergangenen Jahres der Förderverein Historische Brücke Hartmannshain zusammengefunden. Auf der ersten Jahreshauptversammlung seit der Gründung zog Vorsitzender Gerd Köhler eine Bilanz. Die wichtigste Mitteilung kam gleich zu Beginn — noch in diesem Jahr wird sich wohl in jedem Fall das Schicksal der Brücke entscheiden. Köhler zitierte eine Aussage von Bürgermeister Sebastian Stang, wonach die Entscheidung über einen Abriss nicht in seiner Macht stehe, sondern die Gemeindevertretung entscheiden müsse.
Seit dem 27. Juni 2017 ist der Förderverein als gemeinnützig anerkannt. Begonnen haben die Aktivitäten der Hartmannshainer „Brückenschützer“ jedoch bereits vor der Vereinsgründung im Rahmen der ad hoc formierten Bürgerinitiative. Neben der Auslage von Unterschriften wurde auch eine Onlinepetition gestartet. Insgesamt haben sich weit mehr als 1200 Unterstützer für den Erhalt des Denkmals ausgesprochen. Daneben haben die Mitglieder des Vereins auch schon ganz praktisch mit Arbeitseinsätzen begonnen, die dem Erhalt des Bauwerks zugute kommen sollen. Dazu gehören das Entfernen von Bewuchs und Erde sowie die Vermörtelung und Abdichtung des Wasserlaufs. Hierdurch konnte ein weiteres Eindringen von Feuchtigkeit verhindert werden. Mittlerweile wurden auch Hinweisschilder angeschafft.
Im Dezember 2017 wurde gemeinsam mit dem Ortsbeirat ein Weihnachtsbaum aufgestellt und mit einem Glühweinabend gefeiert, wobei der Erlös der Brücke zugute kam. Als sichtbares Zeichen wurde an der Brücke eine Beleuchtung angebracht. Sie soll nicht nur als Weihnachtsbeleuchtung dienen, sondern auch weiterhin auf den drohenden Abriss hinweisen. Köhler bedankte sich bei Anwohner Gunther Trebert für den zum Betrieb nötigen Strom.
„Ich finde es toll, was ihr hier macht, dass ein vermeintlich ‚altes Geraffel‘ die Menschen zusammenbringt. In unserem Land wird zu schnell abgerissen. Wir müssen uns klar sein, was weg ist, ist weg. Ein Stück Vogelsberger Geschichte droht vernichtet zu werden. Wer wird dann noch erkennen, dass Hartmannshain einmal den höchstgelegenen Bahnhof Hessens hatte. Noch kann das jeder Radfahrer auf dem Vulkanradweg“, äußerte sich Frank Jermann von der Interessengemeinschaft Bauernhaus (IgB) aus Birstein-Völzberg. Die IgB hat sich mehrfach für den Erhalt der Hartmannshainer Brücke ausgesprochen. Jermann griff außerdem Grebenhains Rathauschef Stang scharf an. „Schaut euch sein Wahlprogramm von 2013 an. ‚Gemeinsam mit den Bürgern will ich die Zukunft gestalten‘, hieß es damals. Davon haben wir hier nichts gesehen. Herr Stang hat alles heimlich gemacht, ohne die Bevölkerung vor Ort einzubeziehen, und die Abrissgenehmigung mit falschen Behauptungen erschlichen“, so Jermann.
Erster „Brücken-Tag“
Ein großer Termin steht am 31. Mai 2018 ganz dick im Terminkalender. Dann nämlich wird der Förderverein an der Maschinenhalle am Einstieg zum Vulkanradweg in Hartmannshain den „Brücken-Tag“ feiern. Bis zu diesem Datum soll auch der neue Flyer mit Informationen rund um die Brücke und ihre geplante Rettung vorliegen. Der Verein möchte außerdem wieder Arbeiten an dem Bauwerk durchführen und zudem Sitzgelegenheiten in der Nähe schaffen. Für den Juli 2018 haben sich die Denkmalbehörden aus Lauterbach und Marburg zu einer Vor-Ort-Besichtigung angekündigt. „Übrigens zum ersten Mal überhaupt. Auch der Denkmalbeirat des Vogelsbergkreises hat dem Abrissantrag nie zugestimmt“, betonte Vorsitzender Köhler.
Auch das für den Abrissantrag seitens der Gemeinde maßgebliche Gutachten war noch einmal Thema, wonach eine Sanierung der Brücke rund 200 000 Euro kosten würde. „Dieses Gutachten hat einer gemacht, der kein Gefühl für historische Bauwerke hat. Da will einer die Brücke von Grund auf auseinandernehmen und wieder zusammenbauen lassen, damit hinterher auch wieder 50-Tonnen-Panzer drüber fahren können. So ein Quatsch. Wir bräuchten ein Gutachten, wie die Brücke saniert werden müsste, wenn man sie einfach nur verkehrssicher haben will. Die Brücke braucht nie und nimmer 200 000 Euro“, kritisierte Jermann. „Ein Abriss würde auch 65 000 Euro kosten, und dafür bekämen wir buchstäblich nichts. Bei dem Gutachten wurden von Anfang an die falschen Fragen gestellt. Wir brauchen keine Komplettsanierung von Grund auf, sondern eine Konservierung. Die Brücke ist in einem besseren Zustand, als behauptet wird“, meinte ein anderes Mitglied.
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Text und Foto mit freundlicher Genehmigung des Lauterbacher Anzeigers